"Die wesenseine
und unteilbare Dreieinigkeit, die dreipersönliche und gleichewige
Einheit" - das ist das einzige Schema, welches die epoch aufzulösen verspricht, wenn man
die Frage der Skepsis überhaupt beantworten kann. Nur sie
wäre, der Pyrrhonismus außerstande zu zerschmelzen,
wenn er sie in der Erfahrung verwirklicht fände.
Wenn es überhaupt eine Wahrheit geben kann, so ist dies
der Weg zu ihr, und zwar der einzige. Ob er aber tatsächlich
gangbar, nicht nur eine Forderung der Vernunft ist - wenn
auch für die Vernunft notwendig und unvermeidlich -, das
ist nicht klar. Die für die Vernunft einzig mögliche
Idee der Wahrheit ist gefunden; ob wir aber nicht
Gefahr laufen, nur eine Idee zu behalten - das ist die
Frage. Ohne Zweifel ist die Wahrheit das, was wir von ihr gesagt
haben; ob sie aber überhaupt vorhanden ist - das wissen
wir nicht. Diese Frage soll nun erörtert werden.
[...]
Wenn das Identitätsgesetz nicht nur als taube Wurzel des
Verstandes gegeben sein, wenn man sich von der Empirie des Verstandes,
welche nicht besser ist als die Empirie der Sinnlichkeit, freimachen
soll, müßte man über die Grenzen des Verstandes
hinausgehen, in jenes Gebiet eintreten, wo der Verstand
mit allen seinen Normen verwurzelt ist. Das bedeutet,
daß man in der Erfahrung eine Synthese des Beziehungslosen
und der Beziehung, des Ursprünglichen und Abgeleiteten,
der Ruhe und der Bewegung, der Einheit und Unendlichkeit usw.
verwirklichen müßte. Der Verstand läßt
diese Verbindung nicht zu. Dort, wo jedes A A und nur
A ist, ist die gesuchte Synthese entschieden unmöglich.
Wenn sie überhaupt möglich ist, so doch nur jenseits
der Grenzen des Verstandes, wobei die erhaltene Synthese mit
Rücksicht auf den Verstand als ideale Grenze des Verstandes
zu denken ist - als eine für ihn jenseitige transzendente
Bildung -, als regulatives Prinzip. Aber bei dem Versuch, diese
Synthese zu erfassen, kann der Verstand seiner Struktur nach
ihre Totalität nicht in sich aufnehmen und zerlegt sie unvermeidlich
in unvereinbare, einander entgegengesetzte Begriffe. Die coincidentia
oppositorum zerfällt unaufhaltsam und wird in sich ausschließende
Opposita zerstreut. Wenn es sich aber so verhält, so ist
für den Verstand entweder die Beseitigung eines der
Begriffe zugunsten eines andern oder ihre rhythmische Aufeinanderfolge
unvermeidlich, ein Kampf, der dein Kampf verschiedenfarbiger
Gesichtsfelder im Stereoskop ähnlich ist. Das eine oder
das andere, aber keine Synthese! Beiläufig bemerkt, entspricht
der Sieg eines Begriffes über den andern dieser oder jener
Häresie, die Aufeinanderfolge der Gesichtsfelder aber der
verstandesmäßigen "Orthodoxie" der Lehrbücher,
welche in Wahrheit eine Pseudo-Orthodoxie ist und ein Gebinde
unvereinbarer Häresien darstellt.
Auf der Suche nach der Gewißheit sind wir auf eine Verbindung
von Begriffen gestoßen, die für den Verstand einen
Sinn weder hat, noch auch haben kann. "Die Trinität
in der Einheit und die Einheit in der Trinität" bedeutet
für den Verstand gar nichts, wenn man diesen Ausdruck in
seinem wahren, nicht dem Verstand angepaßten Inhalt nimmt;
das ist in gewisser Weise ÷2.
Nichtsdestoweniger
führt uns die vorhandene Norm des Verstandes, d.h. das Identitätsgesetz
und der Satz vom zureichenden Grunde zu einer solchen Verbindung,
fordert, daß sie einen Sinn habe, daß sie Ausgangspunkt
des gesamten Wissens sei. Indem er sich selbst verurteilt, fordert
der Verstand die Dreiheit in der Einheit, kann sie aber nicht
erfassen. Um aber in der Erfahrung diese Forderung, dieses
Postulat der Vernunft zu erleben (wenn es überhaupt in der
Erfahrung erlebbar ist), muß der Verstand es denken,
muß er sich eine neue Norm setzen. Für letztere ist
es aber notwendig, den Verstand zu überwinden - das einzige,
was wir besitzen, ob es gleich nicht gerechtfertigt ist: die
göttliche Weisheit und die menschliche Weisheit sind zusammengeprallt.
Daher wäre die Vernunft von sich aus niemals zur Möglichkeit
einer solchen Verbindung gelangt. Nur die Autorität
"dessen, der im Besitze der Macht ist", kann der Stützpunkt
für dieses Streben sein. Im Vertrauen und im Glauben, daß
in diesem Streben die Wahrheit sei, muß die Vernunft sich
von ihrer Beschränkung in den Grenzen des Verstandes loslösen,
sich von der Geschlossenheit der verstandesmäßigen
Konstruktion lossagen und sich einer neuen Norm zuwenden - eine
"neue" Vernunft werden. Hier ist eine freie Tat erforderlich.
Sie muß frei sein, denn die Vernunft kann den Versuch
machen, sich zum Besseren zu erheben, oder kann ihn unterlassen,
indem sie bei dem Endlichen, Bedingten und "Guten"
bleibt, das sie bereits besitzt. Sie muß eine Tat
sein, denn es bedarf einer Anstrengung, einer Anspannung, einer
Selbstverleugnung, eines Abwerfens des "Alten Adams",
denn gleichzeitig zieht alles Gegebene - "Natürliche",
Endliche, Bekannte, Bedingte - zu sich hin. Es bedarf der Selbstüberwindung,
es bedarf des Glaubens. Wenn "das unerschrockene Herz
der untrüglichen Wahrheit - alhueihz enpeiueoz atoemez htoo", nach
dem sich Parmenides. gesehnt hatte, überhaupt erreichbar
ist, so kann der Weg zu ihm die Glaubenstat von Gethsemane nicht
umgehen. Die Arianer und die Orthodoxen - das ist ein typischer
Fall, in dem zwei Standpunkte einander gegenüberstanden.
"Während die Orthodoxen" - so schreibt ein Forscher
- "die Frage stellten, ob es notwendig sei, in Gott
drei wirkliche Personen, drei unzertrennliche Einheiten der göttlichen
Wesenheit zu denken, und diese Frage mit einer kategorischen
Bejahung beantworteten, fragten die Arianer, ob man die Dreiheit
der göttlichen Personen bei der unzertrennlichen Einheit
ihrer Wesenheit denken könne, und verneinten diese
Frage." In der Glaubenstat suchten die Orthodoxen das Gesollte,
Höhere; die Arianer dagegen, im Bestreben, sich zu sichern,
fragten berechnend: "Könnte nicht die Wahrheit ein
Opfer von uns fordern?" Und indem sie den Garten von Gethsemane
erblickten, wichen sie zurück. Diese und jene trafen eine
freie Wahl, aber die Arianer benutzten ihre Freiheit sich
selbst zur Sklaverei, die Orthodoxen dagegen zur Befreiung von
der Gefangenschaft der fleischlichen Beschränkung. "Ihr
erkühnt Euch, das Unmögliche zu lehren und zu denken",
schrieb Eunomius an Basilius den Großen und Gregor von
Nyssa über das christologische Dogma. Das ist der Ruf der
Fleischlichkeit, der Ruf des Verstandes, welcher über die
Elemente der Welt dahinschreitet und egoistisch für seine
Unversehrtheit zittert, des Verstandes, der, ungeachtet seiner
völligen inneren Zersetzung mit sich selbst zufrieden
ist, der in seiner grenzenlosen Angst vor dem kleinsten Schmerz
es wagt, die Wahrheit selbst an sich, an seine blinden und sinnlosen
Normen anzupassen. Aber gegen die tierische Angst für sich
selbst gibt es nur ein einziges Mittel - die Geißel. "Der
die Macht hat", hat sie über dem zersetzten Verstande
erhoben: "Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch: es sei denn,
daß das Weizenkorn in die Erde falle und sterbe, so bleibt's
allein; wo es aber erstirbt, so bringt es viele Früchte.
Wer sein Leben lieb hat, der wird's verlieren; und wer sein Leben
auf dieser Welt hasset, der wird's erhalten zum ewigen Leben."
(Joh. 12; 24, 25) Wer seine Seele nicht verderben will,
der soll verbleiben in der Gehenna, in dem unlöschbaren
Feuer der epoch, "wo ihr Wurm
nicht stirbt und ihr Feuer nicht erlöscht".
Der Ausgangspunkt ist also ein völliges Vertrauen und ein
völliger Sieg des Willens über den Hang zur
Fleischlichkeit, über die Schwankungen, die uns von der
Erhebung zurückhalten, von der Fesselung des Verstandes
im Gehorsam gegen den Glauben. Blutenden Herzens will ich inbrünstig
sprechen: "Credo, quia absurdum est. Nichts, nichts will
ich von dein Meinen - nicht einmal den Verstand will ich. Du,
nur Du allein. Dic animae meae: salus tua Ego sum! Nicht mein,
aber Dein Wille geschehe. Dreieinige Einheit, erbarme Dich meiner!"
Dieses notwendige Stadium der persönlichen Entwicklung
wird in der Geschichte der Kirche durch das zweite Jahrhundert
typisch dargestellt und verbindet sich unwillkürlich mit
dem Namen des Tertullian, der mit seiner ganzen flammenden Persönlichkeit
die erste Stufe des Glaubens in Reinheit ausdrückte: Credo,
quia absurdum. Ich glaube trotz der Klagen des Verstandes, ich
glaube eben deshalb, weil ich in der Feindseligkeit des Verstandes
gegen den Glauben das Pfand von etwas Neuem, Unerhörtem
und Höherem erblicke. Ich werde nicht zu den Tiefen des
Verstandes herabsteigen, wie er mich auch immer schrecken sollte.
Ich habe schon erfahren, daß ich, wenn ich bei dem Verstande
bleibe, in der epoch verderbe, und will
jetzt unverständig sein. Auf seine schmeichlerischen
Versicherungen werde ich rufen: Du lügst, das habe ich schon
tausendmal gehört. Und dann mag die mitleidlose Geißel
pfeifen.
Nachdem ich mich so auf die neue Stufe erhoben und mich der Unmöglichkeit,
auf die verstandesmäßige Ebene hinabzugleiten, versichert
habe, spreche ich zu mir: "Jetzt glaube ich und hoffe
das zu begreifen, woran ich glaube. Jetzt werde ich das
Unendliche und Ewige nicht in ein Endliches und Zeitliches verwandeln,
die höhere Einheit ,wird bei mir nicht in unvereinbare Momente
zerfallen. Jetzt sehe ich, daß mein Glaube ein Quell
höheren Begreifens ist, und daß in ihm der Verstand
seine Tiefe erhält." Und indem ich von der erlebten
Mühsal ausruhe, wiederhole ich gelassen nach Anselm von
Canterbury: "Credo ut intelligam. Zuerst schien es mir,
daß ich etwas wüßte; nach dem Umschwung
begann ich zu glauben. Jetzt aber weiß ich, weil
ich glaube."
Neun Jahrhunderte hat die Menschheit gebraucht, um zu diesem
Zustand zu gelangen. Und, indem ich das sage, gehe ich zur dritten
Stufe über. Darunter verstehe ich meinen eigenen Glauben.
Ich sehe, daß er eine Anbetung des "Bekannten Gottes"
ist, daß ich nicht nur glaube, sondern auch weiß.
Die Grenzen des Wissens und des Glaubens laufen ineinander. Die
verstandesmäßigen Scheidewände schmelzen fort
und zerfließen; der ganze Verstand wandelt sich in eine
neue Wesenheit um. Und freudig rufe ich aus: "Intelligo,
ut credam! Gott sei Dank für alles. Wir sehen jetzt durch
einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht
zu Angesicht. Jetzt erkenne ich es stückweise; dann aber
werde ich es erkennen, gleichwie ich erkannt bin." (1. Kor.
13, 12) Die Menschheit hat abermals neun Jahrhunderte
gebraucht, um sich auf diese Stufe zu erheben.
Dieses sind die drei Stadien des Glaubens, sowohl in der Phylogenese
als auch in der Ontogenese. Doch bin ich, indem ich sie beschrieb,
vorausgeeilt. Wir müssen uns zurückwenden und aufdecken,
worin denn das letzte Stadium des Glaubens an die hl. Trinität
besteht - anders ausgedrückt, wie die Wahrheit des Dogmas
in Wirklichkeit erlebt, wie die epoch aufgelöst wird.
Durch die Glaubenstat ist die verstandesmäßige "Ungereimtheit"
des Dogmas überwunden, besiegt und vernichtet. Man wurde
sich dessen bewußt, daß in ihm der Quell des Wissens
sei. Aber als Endziel erscheint seine Gegebenheit. Letztere
hat in den Bedingungen des Erdenlebens zwei Stufen: das symbolische
Wissen und das unmittelbare, wiewohl nicht allumfassende Wissen.
Die Glaubenstat liegt darin, von der gegebenen assertorischen
Wahrheit der Welt zu der apodiktischen - aber noch nicht gegebenen
- WAHRHEIT des Dogmas überzugehen, das zweifelhafte, wiewohl
gegenwärtige "Hier" dem sicheren, aber noch nicht
gegenwärtigen "Dort" vorzuziehen.
Das Identitätsgesetz und seine höchste Form sind von
uns in ihrer Möglichkeit begriffen. Die Forderung, die Wirklichkeit
dieser Möglichkeit zu erfassen, bedeutet die Notwendigkeit,
aus der Sphäre der Begriffe in die Sphäre der lebendigen
Erfahrung herauszutreten. Die vernunftmäßige
Intuition wäre das letzte, alles auflösende Glied in
der Kette der Schlüsse. Ohne sie bewegen wir uns
in der Sphäre der Postulate und Voraussetzungen
der gewissen Erkenntnis, die zwar unvermeidlich sind, aber von
denen wir nicht wissen, ob sie erfüllt werden. Die ganze
gen Himmel geschleuderte Kette blieb für einen Augenblick
in der Luft hängen, erstarrte für einen Augenblick
in aufrechter Lage. Wenn sie aber "dort" nicht haften
bleibt, dann wird sie mit unheilvollem Klirren und Krachen auf
unser Haupt zurückfallen. Oder gibt es vielleicht eine Wahrheit
überhaupt nicht? Dann muß sich die ganze Wirklichkeit
in einen absolut sinnlosen und wahnsinnigen Fiebertraum verwandeln;
wir aber werden gezwungen, von der vernünftigen, aber qualvollen
epoch zu der wahnsinnigen und bis zum Schluß qualvollen
Agonie überzugehen, indem wir ohne die Wahrheit ewig ersticken
und sterben.
Wie dem auch sei: zwischen dem dreieinigen christlichen Gott
und dem Sterben im Wahnsinn tertium non datur. Man merke wohl:
ich übertreibe nicht, sondern drücke mich sehr genau
aus; mir fehlen sogar die Worte, um mich noch schärfer auszudrücken.
Zwischen dem ewigen Leben in dem Schoße der Trinität
und dem zweiten ewigen Tode ist auch kein Haarbreit Zwischenraum.
Entweder das eine oder das andere. In der Tat:
der Verstand in seinen konstitutiven logischen Normen ist entweder
durch und durch unsinnig, wahnsinnig bis in seine feinste Struktur
hinein, aus unbewiesenen und daher völlig zufälligen
Elementen zusammengesetzt, oder aber, er hat das Überlogische
zu seiner Grundlage. Eines von beiden: entweder muß
man die prinzipielle Zufälligkeit der logischen Gesetze
annehmen, oder aber die Anerkennung der überlogischen
Grundlage dieser Normen ist unvermeidlich - einer Grundlage,
welche vom Standpunkt des Verstandes selbst postulativ notwendig
ist, aber eben deshalb für den Verstand ein antinomisches
Gepräge hat. Das eine wie das andere führt über
die Grenzen des Verstandes hinaus. Aber jenes zersetzt
den Verstand, indem es eine ewig wahnsinnige Agonie in das Bewußtsein
hineinträgt, und dieses stärkt ihn durch die Tat der
Selbstüberwindung - durch ein Kreuz, welches für den
Verstand ein widersinniges Losreißen von sich selbst bedeutet.
Der Glaube, durch den wir gerettet werden, ist Anfang und Ende
des Kreuzes und des Gekreuzigtwerdens mit Christus. Aber der
Glaube - was man einen "vernünftigen" Glauben
nennt - d.h. "mit Beweisen von der Vernunft", der Glaube
nach der Tolstoischen Formel: "Ich will so begreifen, daß
jede unerklärliche These sich mir als Notwendigkeit der
Vernunft darstelle" - ein solcher Glaube ist ein schwieliger,
böser und harter Auswuchs am Herzen, der ihm den Weg zu
Gott versperrt, eine Empörung wider Gott, eine ungeheuerliche
Ausgeburt des menschlichen Egoismus, der auch Gott sich unterwerfen
möchte. Es gibt viele Arten der Gottlosigkeit, aber die
schlimmste darunter ist der sogenannte vernünftige, oder
genauer gesagt, verstandesmäßige Glaube. Die schlimmste
- denn abgesehen von der Nichtanerkennung des Objekts des Glaubens
("der unsichtbaren Dinge") enthält sie
in sich noch außerdem eine Heuchelei; anerkennt Gott, um
sein Wesen - die "Unsichtbarkeit", d.h. Unverstandesmäßigkeit
zu verwerfen. Was ist der vernünftige Glaube, frage ich
mich? Ich antworte: "Der vernünftige Glaube ist eine
Abscheulichkeit und ein Gestank vor Gott." Du kannst nicht
glauben, solange du dich nicht von dir selbst und deinem
Gesetz lossagst. Eben der "vernünftige Glaube"
will sich nicht von seiner Selbstheit lossagen und versichert
überdies, daß er die Wahrheit kenne. Aber wenn er
sich von sich selbst nicht lossagt, so kann er nur sich selbst
in sich selbst haben. Die Wahrheit wird durch sich erkannt, nicht
anders. Um die Wahrheit zu erkennen, muß man sie haben,
dazu muß man aber aufhören, nur man selbst
zu sein und der Wahrheit teilhaft werden. Der "vernünftige
Glaube" ist der Beginn teuflischen Hochmuts, der Wunsch,
nicht Gott in sich aufzunehmen, sondern sich für Gott
auszugeben - Usurpation und Eigenwille. Die Ablehnung des
Monismus im Denken zugunsten Gottes ist der Anfang des
Glaubens. Die monistische Stetigkeit - das ist das Banner
des aufrührerischen Verstandes der Kreatur, die sich von
ihrem Anfang und von ihrer Wurzel losreißt und in den Staub
der Selbstbejahung und Selbstvernichtung zerfällt. Die dualistische
Diskontinuität - das ist das Banner des Verstandes,
der sieh zugunsten seines Prinzips vernichtet und in der Einigung
mit Ihm seine Erneuerung und Stärke erhält. In der
Entgegensetzung dieser beiden Losungen ist enthalten die Entgegensetzung
der Kreatur, die den frevelhaften Wunsch hat, sich an Stelle
des Schöpfers zu setzen, um von dort unvermeidlich in die
Agonie der ewigen Vernichtung herabzustürzen und der Kreatur,
die mit Demut von der Wahrheit die ewige Vergottung empfängt:
"Ich bin des Herrn Magd, mir geschehe nach Deinem Wort."
Aber - so ist es nur, wenn die Wahrheit besteht. Letztere
Bedingung steht wie eine Schranke an der Brücke bei dem
Übergang in die Sphäre der Wahrheit. Zwischen der schon
durchschrittenen Sphäre des Wissens in Begriffen, eines
Wissens um die Wahrheit (welches postulativ und daher
voraussetzungsvoll ist) und der vorausgesetzten, geforderten
Sphäre des Wissens in der Intuition, des Wissens der Wahrheit
(eines wesentlichen Wissens, welches in sich seine Begründung
enthält und daher absolut ist) liegt ein Abgrund,
den man auf keinen Umwegen umgehen, den man mit keinem Kraftaufwand
überspringen kann. Man muß eine ganz neue Welt betreten,
von der wir keine Ahnung haben. Wir wissen nicht einmal, ob diese
neue Welt in Wirklichkeit besteht - wir wissen es nicht, denn
die geistigen Güter, welche wir suchen, liegen außerhalb
der Sphäre der fleischlichen Erkenntnis; sie sind das, "was
kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines
Menschen Herz gekommen ist" (1. Kor. 2, 9, vgl. Jes.
64, 4). Aber als Brücke, welche irgendwohin führt
- vielleicht an jenen vorausgesetzten Rand des Abgrundes, zum
Eden der unverwelkbaren geistigen Freuden, vielleicht aber auch
nirgendwohin, erscheint der Glaube. Wir müssen entweder
in der Agonie an unserem Rande des Abgrundes sterben, oder
aufs Geratewohl vorwärts schreiten und die "neue Erde"
suchen, auf der "die Wahrheit wohnt" (2. Petr.
3, 13). Wir sind frei in der Wahl, aber wir müssen uns entweder
zum einen oder zum anderen entschließen. Entweder
das Suchen nach der Trinität, oder das Sterben im Wahnsinn.
Wähle, du Wurm und nichtiges Wesen: tertium non datur.
[...]
[Übersetzung
Nikolai von Bubnoff]
|
zurück | weiter
|